Stadtvorgarten, Sozialer Raum

Stadtvorgarten, Sozialer Raum

Der Aussenraum ist der Ort der Begegnungen und Kontakte. Er ist der soziale Raum. Gemessen an dieser tragenden Rolle für das Zusammenleben der Menschen, wird ihm in der Planung meist zu wenig Gewicht beigemessen.

(… vorher) Die Art und Weise wie heute Bauprojekte bestellt und geplant werden, ist die Ursache, weshalb hinsichtlich des nachbarschaftlichen Zusammenlebens viel Potenzial verschenkt wird. Der Architekt entwirft die Lage seiner Bauten und überlässt es dem Landschaftsarchitekten auf den Restflächen noch ein paar schöne Bäume zu platzieren. Der Bauherr glaubt mit einem Spielplatz und einer Grillstelle seine Schuldigkeit getan zu haben. Bei den Behörden wächst das Bewusstsein für Quartiersstrukturen und sozialen Austausch erst sehr zaghaft. Kurz: Eine ausgeprägt auf soziale Kontakte ausgerichtete Bauweise sucht man heute meist vergebens. Aber nicht nur das, selbst in innovativen Projekten bleibt der Aspekt der bewussten Bildung von Nachbarschaft in Einzelmassnahmen verhaftet. Eine Schrebergartenfläche zieht nur die Gartenfreunde an. Ein kommunikativer Innenhof wirkt nur für die direkten Anstösser. Die restlichen Wohnungen bleiben vom sozialen Prozess ausgeschlossen.


Will man der Tendenz einer marginalisierten Nachbarschaft entgegenwirken, bedarf es demnach einer Gesamtstrategie. Angefangen beim Übergeordneten Verbindungsnetz der Gemeinde über die Ausformulierung der Aussenräume gegenüber Strassen und Wegen bis zur Durchgestaltung des Aussenraumes mit einer diversen Zellenstruktur, in der sich möglichst viele Begegnungsschwellen bieten. Zunächst muss aber erst ein Bewusstsein für diese Thematik geschaffen werden. In Wettbewerben muss die Nachbarschaftsbeziehung ein Beurteilungskriterium werden. Labels, welche sich mit Nachhaltigkeit und Wohlbefinden beschäftigen, müssen der soziale Dimension von Bauwerken annehmen. In den Studiengängen sollten diese Planungsfaktoren erforscht und weiterentwickelt werden. Grosse Wichtigkeit kommt der Sensibilisierung der Bauherrschaften zu. Sie sind es, welche Funktionen in diesem Bereich bestellen und auch bezahlen müssen.


Die Bereitschaft in die sozialen Beziehungen der Bewohner zu investieren, steigt bei den Bauherrschaften in dem Masse, wie eine tatsächliche Wirkung nachgewiesen werden kann. Nichts weniger als eine bessere soziale Integration und eine höhere psychische Gesundheit stehen zur Debatte. Um diese Effekte nachweisen zu können, bedarf es allerding ausgedehnte wissenschaftliche Untersuchungen. Etwas weniger hochstehende Erwartungen, die von den einzelnen Vermietern beobachtet werden können, sind der Abbau von Konflikten und die Abnahme von Mieterwechseln. Daran lässt sich die Zufriedenheit der Mieter zumindest indirekt erahnen. Zusammen mit den verminderten Aufwendungen der Gartenpflege, wenn dies die Mieter für ihren eigenen Bereich selbst übernehmen, sind diese Effekte möglicherweise schon ausreichend, um den Versuch zu wagen. Im Schlepptau dieser Argumente besteht so die Chance, dass sich auch die tiefgreifenden Ambitionen im Zusammenhang mit dem Aussenraum verwirklichen lassen. (Weiter bei…)