Stadtvorgarten, Gleichwertige Begegnung

Stadtvorgarten, Gleichwertige Begegnung

Gute Begegnungen sind dann möglich, wenn beide Menschen im gleichen Masse auf einen Austausch eingestellt sind. Wenn sie offen sind für einen Austausch. Innen- und Aussenräume können diese Einstellung zwar nicht direkt beeinflussen, aber immerhin indirekt.

(…vorher) Der Charakter von Raumbereichen kann in vielerlei Hinsicht ausgelegt werden. Durch seine Form, Materialisierung und Belichtung können Tätigkeiten eingeschränkt oder angeregt, Stimmungen hervorgerufen oder vermieden und Aufmerksamkeiten gelenkt oder zerstreut werden. Einer dieser steuerbaren Aspekte ist ein erleichterter Austausch zwischen den Personen über Zonen hinweg.


Je ähnlicher die Räume und je geringer die Hürden dazwischen sind, desto eher kann ein Austausch stattfinden. Relevanter als die Machart des trennenden Zaunes zwischen den Zonen ist die Erwartung der Menschen an die Tätigkeiten in diesem Raum – an dessen Programmierung. In einem abgeschlossenen privaten Hof wird man zum Beispiel nicht erwarten, dass das ruhige Abendessen mit der Familie von einem Nachbarn gestört wird. Dieser müsste dazu über eine hohe Mauer klettert. Ganz anders ist dies im Falle einer Sitzbank, welche auf die Strasse ausgerichtet, für alle Hausbewohner nutzbar, an der Fassade steht. Hier würde man sogar einem fremden Passanten freundlich zunicken. Auch dort kann man Zu Abend essen, aber die Kontaktaufnahme des Nachbarn überrascht nicht im Geringsten. Die Erwartungen an die Sitzbank sind also andere als an den Innenhof, auch wenn in den beiden Aussenräumen prinzipiell die gleichen Tätigkeiten stattfinden können.


In dem wir nun Aussenräume miteinander kombinieren, welche ähnliche Erwartungen betreffend einer Kommunikation nach aussen hervorrufen, wird es möglich, positive Begegnungen zu fördern und Eingriffe in die eigene Intimsphäre zu minimieren: Balkone sollten beispielsweise die Möglichkeit bieten, sich vor Einblicken zurück zu ziehen oder an der Brüstung vorne nach aussen zu blicken. Vor den Balkonen sollte wiederum kein allgemein zugänglicher Bereich anschliessen, sondern Flächen, die der Bewohnerschaft eines Hauses/Treppenhauses vorbehalten sind. So sieht man von seiner persönlichsten Aussenfläche hauptsächlich Menschen, die man schon kennt. Vielleicht wird man sogar dazu angeregt, von seinem Balkon herunter zu steigen, um sich, für einen Schwatz, zu den Nachbarn dazu zu setzten. Von diesem gemeinschaftlichen Raum für eine kleine Gruppe, stellt der Übergang zur allgemeinen Fläche für die ganze Siedlung kein grosser Sprung dar. Man befindet sich am Tisch der Hausnachbarn sowieso schon in einer gewissen Art der «Öffentlichkeit». Niederschwellig ist schliesslich auch der Übergang zwischen der Zone für die Siedlungsbewohner und der allgemeinen, kommunalen Durchwegung der Siedlung. Die Grösse der Siedlung bringt nämlich schon eine gewisse Abstraktion der Zusammengehörigkeit mit sich, welche sich nicht mehr stark von der lockeren Zuordnung zu einem Quartier oder der Gemeinde unterscheidet.


In einem solch fein abgestuften und bewusst ausgerichteten Beziehungsgefüge werden unangenehme Grenzüberschreitungen vom Aussen ins Intime vermieden. Noch viel wichtiger aber ist, dass positive Begegnungen begünstigt werden, weil die Menschen darauf vorbereitet, ja eingestellt sind. (Weiter bei…)