Was ist also mit dem Monitor?

Was ist also mit dem Monitor?

Kehren wir zum Anfang dieser Serie zurück: was also steckt hinter dem blendend schönen Schein der Monitore? Was bedeuten Monitore für die Fassade und die Architektur?

(… vorher) Gernot Tscherteu bemerkt im Katalog zur Architekturbienale Vienna 2010, das in den letzten Jahren eine Tendenz zu einer stärkeren Verbindung zwischen Monitor und Fassade festzustellen ist.

„In the last ten years there have been considerable efforts made by architects, media designers and technology experts to bring both layers – screens and buildings – closer together if not integrating them into a new hybrid structure commonly referred to as a Media Facade.”

Was wir in den vorangegangenen Texten besprochen haben, weisst in eine andere Richtung. Ganz egal, wie nahe Monitore und Architektur zusammengebracht werden, sie verschmelzen nicht zu einer Einheit. Die Eigenheiten von Anzeigesystemen stehen dem Wesenskern der Architektur fundamental entgegen.

Der Grund für die Fehleinschätzung, dass Monitore und Architektur zu einer Einheit werden können, liegt zum einen im Verständnis der Architektur und zum andern in der idealistischen Sicht auf Anzeigesysteme:

Architektur wird in diesem Zusammenhang als Kommunikationssystem angesehen und so mit den kommunikativen Monitoren auf einer Ebene diskutiert. Dabei wird ausgeblendet, dass das Mitteilungsbedürfnis der Architektur nur eine sekundäre und sehr spezifische, ja selbstreferentielle Angelegenheit ist. Im Kern der architektonischen Auseinandersetzung stehen vielmehr Organisationsprinzipien (z.B.: Raster, Schichtungen, Clusterbildung,…) die Verwendungsweise von gestalterischen Mitteln (Formgestaltung, Materialeinsatz, Tektonik,…) und die kongruente Zusammenfügung aller Teile. Solche Themen lassen sich für Anzeigen kaum in dieser Gewichtung finden. Zwar gibt es auch hier gestalterische Themen, wie zum Beispiel grafische Stile oder Konzepte für den Aufbau von Geschichten. Allerdings geniessen Monitore den Luxus sich auf nichts festlegen zu müssen. Was vor einer Minute ausgestrahlt wurde muss nichts mit dem zu tun haben was jetzt gerade läuft. Architektur aber muss sich festlegen.

Die Fehleinschätzung hinsichtlich der Anzeigesysteme betrifft die Annahme, dass deren Inhalte frei gewählt werden könnten, obschon uns die Mehrheit der heute existierenden Monitore mit ihren Werbebotschaften eines Besseren belehren. Kunst und Kulturthemen sind ein marginaler Teil der Anzeigen und werden, wie am Times Square, zur Auflockerung der Marketingbotschaften verwendet, was wiederum deren Wirksamkeit steigern soll. Das also Monitore, ob von aussen her gestaltet oder durch künstliche Intelligenz erzeugt, gesellschaftlich wertvolle Inhalte transportierten, ist eher ein nebensächliches Phänomen. Dass sie sich Anzeigesysteme gar mit architektonischen Themen beschäftigen, ist nochmals ein ganzes Stück unwahrscheinlicher. Grossformatige Monitore an Gebäuden mögen eine Antwort auf die Bitgebete von Marketingspezialisten sein, die Kultur beeinflussen sie jedoch nicht übermässig.

Monitore und Architektur bilden aus diesen Gründen ein Nebeneinander, im besten Falle ein Miteinander. Sie werden jedoch keine Einheit. Der schöne Schein der Monitore bleibt eine Verlockung, welche die Architektur nicht zu neuen Ufern bringen kann – dafür ist das Kunstlicht der Bildschirme zu wenig tragfähig.