Deplatzierte und widersinnige Anzeigen

Deplatzierte und widersinnige Anzeigen

Domestizierte Monitore sind, wie wir gesehen haben, ein Weg, wie Architektur und Anzeigesysteme nebeneinander existieren können ohne sich zu konkurrenzieren. Es ist wohl die konfliktfreiste Form beides zusammen zu bringen. Je eigenständiger Monitore im architektonischen Kontext sind, umso stärker rückt aber die Erfüllung ihrer eigenen Anforderungen in den Vordergrund.

(… vorher) Der Zweck von Monitoren ist die Übermittlung von Inhalten. Dazu muss einerseits das Anzeigegerät als solches erkannt werden und andererseits muss die Information verständlich sein. Ist dies nur teilweise oder gar nicht der Fall, können die Potenziale des Gerätes nicht ausgeschöpft werden.

Ein Beispiel für einen unglücklich platzierten Bildschirm ist die flackernde Eingangsleuchte einer Hafenkneipe. Kein Matrose auf Landgang käme auf die Idee in einer alten Glühbirne einen Mitteilungswilligen Monitor zu vermuten. Auf hoher See hingegen würde er das Flackern eines entfernten Lichtes wohl als Morsesignal interpretieren. Deplatziert ist die morsende Kneipenleuchte, weil niemand eine Botschaft erwartet und folglich auch nicht hinschaut.

Neben der notwendigen Aufmerksamkeit des Monitors, muss aber auch der Inhalt des gezeigten Sinn machen. Eine Lampe in verschiedenen abstände aufblicken zu lassen macht noch keine Morsebotschaft. Wörter ergeben sich nur, wenn die Lichtzeichen in der richtigen Reihenfolge ausgesandt werden. Allgemein formuliert bedeutet dies, dass wir nur dann verstanden werden können, wenn wir uns in einem sprachlichen System bewegen, dass die Adressenten auch verstehen.

Ein Beispiel für das Fehlen eines verständlichen Sprachsystems ist die Lichtinstallation des „Kölnturms“: An Jean Nouvels Hochhaus sind im obersten Fassadenabschnitt Punktleuchten installiert. Dies stellen in ihrem Zusammenspiel eine Abfolge sich bewegender horizontaler Linien dar. Mehr kann der gemeine Passant nicht entziffern. Weder ein Firmenlogo, ein Morsezeichen noch ein anderes Mitteilungssystem lassen sich erkennen.

Wer sich nicht tiefer mit der Installation beschäftigt und weiss, dass die Warnlichter für den Flugverkehr rot blinken, wird die Anzeige im besten Fall für die Selbstinszenierung des Gebäudes halten. Das Lichtspiel degradiert sich in den Augen des Betrachters zu einer städtebaulichen Positionsangaben: „Seht her, ich bin auch in der Nacht da“, ruft das Gebäude ihm zu.

Wer sich erkundigt, wird erfahren, dass es sich bei diesem reduzierten Lichtspiel um die Arbeit des verdienten Künstlers Heinz Mack handelt. Ausser ein paar knappen Pressetexten ist aus dem Netz aber auch nicht zu erfahren. Man steht der Kunst entweder ergriffen oder gleichgültig gegenüber, ohne sich mit deren Inhalt auseinandersetzten zu können.

Sicher, Kunst muss sich nicht erklären. Wir können ihr Angebot annehmen, und uns mit ihr beschäftigen, oder an ihr vorbeigehen. Dies gilt jedoch nicht für Anzeigen. Wenn wir davon ausgehen, dass sie da sind, um uns eine Information zu übermitteln, dann erscheinen sie uns sinnlos, wenn die Information nicht bei uns ankommt. Wir haben es also entweder mit einem Kunstwerk zu tun, welches wir ohne die Einordnung eines Kunstkataloges nicht verstehen können oder aber wir haben es mit einem Monitor zu tun dessen Botschaft bei uns nicht ankommt. Beides führt letzten Endes zu Unverständnis und im Falle des Monitors zu einer widersinnigen Anzeigeinstallation. (Weiter bei…)