Palimpsest, Potenziale eines Begriffs
Was bringt uns der Begriff Palimpsest? Er bietet einen Ausweg aus dem konfliktreichen Spannungsfeld, das sich beim Bauen am Bestand auftut.
Zwischen Denkmalschutz, Architekten und Bauherren schwelt ein Konflikt. Während der zeitgenössische Denkmalschutz möglichst die komplette Substanz erhalten möchte, haben Bauherren mit einer wirtschaftlichen Verantwortung naturgemäss eine andere Sichtweise auf den Bestand. Dieser hat finanziell betrachtet nur dann eine Berechtigung, wenn sein Wert zusammen mit den Veränderungskosten höher ist als der Neubau. Die Architekten wiederum haben zwei Herzen in der Brust. Zum einen wollen sie sich selten freiwillig in ein gestalterisches Korsett einschnüren lassen. Zum anderen können nur jene Planer auf den Erhalt ihrer Werke hoffen, welche auch den Bauten ihrer Vorgänger einen gewissen Respekt zollen. Hinzu kommt in jüngerer Zeit verstärkt der Ruf nach der Nachhaltigkeit. Um Graue Energie einsparen zu können wird immer häufiger der Erhalt der Bausubstanz gefordert.
In diesem Problemfeld kann der Begriff des Palimpsest eine interessante Antwort bieten. So hat er auf der einen Seite einen positiven Bezug zur Substanz und deren geschichtlichem Wert, auf der andere Seite liegt aber auch das Löschen in seinem Wesen.
Dass der Begriff Palimpsest von aussen besehen unvereinbare Positionen verbindet, ist sein grosses Potenzial. Aus der Ideenwelt rund um diesen Begriff lässt sich eine pragmatische Entwurfshaltung entwickeln, welche zwischen den Fronten vermitteln kann. Doch zuvor muss noch eine Kleinigkeit geklärt werden: Was überhaupt bedeutet Palimpsest? (Weiter bei…)