Lacaton und Vassal, Verschwendung

Lacaton und Vassal, Verschwendung

Verschwendung und Nachhaltigkeit passen gefühlsmässig nicht gut zusammen. Lacaton und Vassal vereinen aber gerade diese Themen bewusst in ihren Werken. In vielen Projekten verfolgen sie die Strategie der Volumenverdoppelung und proklamieren den Raumgewinn als Form des Luxus.

(…vorher) Einer Zielsetzung begegnet man immer wieder, wenn man sich mit Lacaton und Vassal beschäftigt: Das Duo versucht mit dem vorgegebenen Budget das vom Bauherren gewünschte Volumen zu verdoppeln. Das soll, wie in den vorangegangenen Texten schon angesprochen, die Möglichkeiten zur Aneignung des Raumes durch die Bewohner bieten. Der Luxus liegt dabei in der Freiheit der Nutzer ihr Lebensumfeld nach ihren Wünschen einrichten zu können. Diese Vergrösserung des Raumes geht nach der Meinung der Architekten aber nicht zu Lasten der Nachhaltigkeit. Sie sehen das Zusatzangebot nicht als Verschwendung, sondern als sozialen aber auch als ökologischen Gewinn (Siehe dazu Energiegewinn und Wintergarten).

Es ist verblüffend, wie Lacaton und Vassal diese Gegenpole scheinbar mühelos zu Synergien zusammenbringen. Allerdings trügt der Schein. Denn Nachhatligkeit und Luxus sind in Wahrheit keine Gegensätze. Nachhaltig kann alles getan werden, solange es die nächsten Generationen auch noch tun können. Selbst Verschendung von Recourcen kann nachhaltig geschehen, solange es genügend davon gibt. Der eigentliche Gegenpol zur Verschwendung ist eben nicht die Nachhaltigkeit, sondern die Suffizienz.

In dieser Unklarheit zwischen Nachhaltigkeit und Suffizienz liegt die Problematik in der Argumentation der beiden Architekten. Die Genügsamkeit ist mit der Vergeudung nicht zusammen zu bringen. So ist es zwar ein Gewinn, wenn mit dem gleichen Budget der doppelte Raum umschlossen werden kann. Mann könnte sich aber auch fragen, ob die Bauherrschaft mit dem Geld für den grossen Wintergarten, nicht doch lieber ein zusätzliches Auto gekauft oder ein Hilfswerk unterstützt hätte. Zwar haben Lacaton und Vassal bewiesen, dass man von einem Gebäudebudget soviel herausstreichen kann, um sich einen zusätzlichen Raum leisten zu können. Das dieses Geld aber tatsächlich in einen Raum investiert werden soll, liegt damit noch nicht auf der Hand. Anders herum formuliert, könnte man auch sagen, dass die Bauherrschaft schlicht ein zu hohes Budget definiert hatte, wenn es den Architekten gelang damit eine so überdimensioniertes Raumprogramm umzusetzen.

Sicher, das ist Kritik auf hohem Niveau. Die meiste Architektur ist weitaus verschwenderischer. Aber es zeigt, dass der Mehrwert von Gebäude eben nicht ohne Mehraufwand zu haben ist. Im Falle von Lacaton und Vassal sind es zusätzliche Heiz- und Unterhaltskosten für die grösseren Volumen und die engeren Erneuerungszyklen auf Grund einer wenig robusten Bauweise. (Weiter bei…)