Wie viel ist Zuviel?
Die Vergangenheit ist eine Fundgrube. Loeliger Strub graben gerne in Ihr. Ihre Bauten beweisen eine grosse Spielfreude und zeigen einen kreativen Umgang mit Anleihen an Altes. Was aber ist das richtige Mass an historischen Bezügen?
(… vorher) Architekten mit Wohnbauerfahrung schauen sehnsüchtig auf den Ausbaustandard und die Detailliebe des Hohen Hauses von Loeliger Strub. Den meisten bleibt die Ausführung solcher hochkarätigen Lösungen verwehrt: Der Boden im Treppenhaus ist mit einem im Terrazzo eingelegten Randprofil veredelt; Der Türgriff des Cafés wurde von einem Künstler eigens für diesen Bau entworfen; Die Küchenrückfront ist mit handgebrannten Keramikplatten belegt. Die Liste liesse sich noch lange fortsetzen.
Damit wirkt die Gestaltung von Loeliger Strub aber nicht nur qualitätsvoll, vielmehr noch wecken diese Details und Materialisierungen historische Bezüge. Dies geschieht nicht vereinzelt. Es scheint fast so, als transportiere jeder Quadratzentimeter eine Erinnerung: Die Dachterrasse erinnert an den Strandurlaub und Le Corbusiers Regeln der Architektur, das Sockelgeschoss versetzt einem in die Fünfzigerjahre, die Rillengläser der Zimmertüren in Grossmutters Küche und die Parkettverlegung in einen aristokratisch Salon.
So geschmacksvoll die verschiedenen Elemente miteinander kombiniert sind, für neues bleibt kaum Platz. Die spannende Schiebefensterlösung, welche als neuzeitliche Innovation erkannt werden könnte, geht neben dem Material- und Formüberschwang unter. Andere neuzeitliche Elemente sucht man vergeblich. Damit kann nur schwer ein Dialog zwischen den Erinnerungen und einer aktuellen Architektur entstehen. Die Liebe zur Vergangenheit führt die Architekten geradewegs dort hin. Überraschende Dissonanzen zwischen neuzeitlichem Design und alten Bezügen können so nicht erzeugt werden.
Hier liegt der interessante Kern an Loeliger Strubs Werk. Mit der Studie ihrer Arbeiten drängt sich die Frage auf, wie viel Vergangenheit ein Bauwerk verträgt, um noch als aktuelle Architektur gelten zu können. Sollen uns Erinnerungen in die Vergangenheit führen, oder uns für die Zukunft rüsten? (Weiter bei…)