Teil 3, Taylors Interface

Teil 3, Taylors Interface

Auf dem assoziativen theoretischen Fundament Rileys baut Mark C. Taylor seine These zu Transparenz und Transluzenz auf. Was Riley in Form von Durchsicht und Schleier getrennt hat, will Taylor nun wieder zusammenfügen. Dazu bedient er sich eines kunstvollen theoretischen Konstrukts.

(…vorher) Taylors Aufsatz “Überlegungen zur Haut”, anlässlich der Ausstellungseröffnung „Light Construction“ 1995 am MoMA, ist ein Kommentar zur kuratorischen Themenübersicht Rileys (Siehe auch 176). Er möchte aufzeigen, dass Rileys Gegensatzpaar Transparenz / Transluzenz durch ihre kommunikativen Aspekte in Wirklichkeit nahe verwandt sind. Dazu entwickelt er das Denkmodell der Haut.

Haut ist für Taylor, neben der schützenden Körperhülle, vor allem ein sensueller Apparat, der mit seiner Umgebung kommuniziert. Sie, die Haut, sei daher eine Schnittstelle (ein Interface) zwischen Materiellem und Immateriellem, also zwischen den äusseren Einwirkungen auf den Körper und deren gedanklicher Verarbeitung. In der stillschweigenden Annahme, dass Transparenz an sich kommunikative Eigenschaften besitzt, glaubt er den Beweis für die Verwandtschaft des Rileyschen Gegensatzpaares Transparenz/Transluzenz erbringen zu können. Denn wenn das Transparente eine Kommunikation des Inneren nach aussen darstellt und die Oberfläche als kommunizierende Membran verstanden wird, dann sind sie sich betreffend ihrer Mitteilungsfähigkeit sehr ähnlich.

Leider unterliegt Taylors Argumentation zwei wesentlichen Fehlschlüssen:

1. Die Nervenenden der Haut sind zwar im Stande äussere Impulse aufzunehmen und sie als Informationen weiter zu leiten. Mit der Umgebung kommunizieren sie aber nicht. Die Haut ist zwar eine Schnittstelle, aber nicht so wie sich das Taylor zurechtlegt. Durch ihre Charakteristik als Informationseinbahn ähnelt sie gerade nicht dem Gesicht, welches sowohl sieht, hört und riecht, als auch mimt und spricht. Die Haut ist nur ein halbes Interface. Damit tut sich der erste Fehlschluss auf: Während die Haut nur Informationen aufnehmen kann, ist die transparente Oberfläche im stande auf beide Seiten zu funktionieren.

2. Der zweite Fehlschluss, wir haben es bereits angedeutet, ist die Annahme, die Durchsicht besitze kommunikative Eigenschaften. Tatsächlich legt sie aber lediglich das offen, was hinter opaken Flächen verborgen bleibt. Sie zeigt, aber sie kommuniziert nicht. Denn dazu bräuchte es ein Mindestmass an Steuerung. Es müsste eine, wie auch immer geartete Botschaft angestrebt werden. Das findet mit der simplen Einsicht noch nicht statt. Das Wohnzimmer kommuniziert nicht durch das Fenster mit der Umgebung. Es schafft lediglich die Möglichkeit, dass der Bewohner dies tun kann. Selbst beim Schaufenster ist es nicht das Fenster, das kommuniziert. Es ist der drapierte Inhalt, der die Passanten zum Kauf anregen soll.

Unter dem Eindruck dieser beiden Kritikpunkte lässt sich das Denkmodell der Haut für das Thema der Transluzenz kaum mehr fruchtbar anwenden. (Weiter bei…)