Teil 3, Rileys Schleier

Teil 3, Rileys Schleier

Die These Terence Rileys (Siehe auch 173) haben wir schon kurz angedeutet. Er vollzieht eine Abkehr von der reinen Durchsicht und spricht stattdessen von Schleiern und in diesem Zusammenhang auch über die Transluzenz. Nach der Auslegeordnung der verschiedensten Positionen zur Transparenz, wird es Zeit sich dem Durchscheinenden genauer zu widmen.

(…vorher) Riley postuliert unter dem Motto des Schleiers die Absage an die moderne Vorstellung von Transparenz als absolute Durchlässigkeit, einem „trennenden“ Nichts. Die Bauten, welche er in seiner Ausstellung präsentiert, zeigen für ihn die Vorstellung einer ganz unmodernen Halbdurchsichtigkeit. Solche Schleier trennen zunächst mehr als das sie verbinden. Sie verhüllen das Innere eines Gebäudes vor seinem Betrachter. Doch dadurch entsteht gleichzeitig ein anziehendes Geheimnis. In dem sich das Gebäude eindeutigen Einblicken verwehrt, sie aber nicht gänzlich unterbindet, verführt es den Betrachter Vermutungen über das Innere anzustellen und sich so mit der Architektur auseinander zu setzen.
Insofern verhält sich der Schleier zur Transparenz wie das Geheimnis zur völligen Offenheit: Beide thematisieren zwar ihr Inneres, aber auf ganz unterschiedliche Weise. Der Klarheit stehe Ambivalenz, der Durchdringung Verzögerung entgegen.
Diese Verhüllung ortet Riley in diversen aktuellen Projekten um 1995. Als Beispiel dient ihm OMA’s Entwurf für die Bibliotheque National de France, HdM’s Museumsbau für die Sammlung Goetz und der Bau von Jean Nouvelle für die Cartier-Stiftung für zeitgenössische Kunst. Die ersten beiden Bauten entfalten ihre Wirkung mittels transluszenter Materialien, das Letztere mit der Spiegelung des Glases. Rileys Auffassung nach, lassen sich also nicht nur trübe Gläser für Erzeugung von Schleiern verwenden, sondern alle Mittel, die zu einer Gebäudemembran führen, welche ihr Inneres partiell verbergen kann. So spricht er bei der Glasfläche der Cartier-Stiftung, welche dem eigentlichen Gebäudevolumen vorgelagert ist, von multiplen Transparenzschichten. Diese Schichten führen zu komplexen optischen Effekten. Allerdings übersieht Riley, dass die Wirkung nicht alleine wegen der Durchsicht, sondern nur im Zusammenspiel mit der Spiegelung entstehen kann.
Für Riley sind solche unterschiede sekundär. Er skizziert seine Architekturtendenz mit dem breiten Pinsel. Ob das Wort Transparenz zusammen mit der Spiegelung und dem Durchscheinen unter dem Begriff des Schleiers vermengt werden kann, ist zumindest fraglich. Für Riley steht das aber nicht im Zentrum seines Interesses. Dies wird augenscheinlich, wenn er nach der Wiederentdeckung der Transluzenz fordert, dass die Transparenz in ihrer Bedeutung für die Architektur neu zu untersuchen sei. So verschwimmen trotz der eben heraus gearbeiteten Differenzierung zwischen der modern geprägten Durchsicht und dem nachmodernen Durchscheinen die Begriffe Transparenz und Transluzenz erneut. Wie nahe oder entfernt sich die Begriffe wirklich sind, gilt es im Folgenden genauer zu beleuchten. (Weiter bei…)