BIG, Is yes enough?
Was bleibt auf der Strecke, wenn man sich ganz dem Marketing der Architektur verschreibt?
(…. vorher) Mit dem 2010 erschienen Buch „Yes is more“ (1) geben BIG Einblick in ihr Schaffen. Das tun sie, wie sie selbst sagen, in Form eines Comics. Treffender noch ist das Wort Fotostory, dass wir noch aus unserer Jugend (Zeitschrift Bravo) kennen. Bjarke Ingels führt uns durch sein Büro und erzählt uns von der Entstehung seiner Projekte. Dabei werden verschiedene Anekdoten zum Besten gegeben, ähnlich wie wir sie uns von OMA gewohnt sind.
Die Geschichten sind unterhaltsam. Die Projekte ziehen einen in ihren Bann. Die Erzählweise erweckt den Anschein, dass alles ganz locker entstanden ist. Das entspricht dem Motto, das sich Ingels auf die Fahnen, beziehungsweise auf den Buchdeckel, geschrieben hat: Ja sagen als Haltung gegenüber der Welt. Seine Architektur soll mit viel Elan und Kreativität Konflikte auflösen – negatives in positives verwandeln. Der Erfolg seiner Projekte gibt ihm Recht.
Doch mit dem Buch zeigt uns Ingels nicht nur das was funktioniert. Unterschwellig dringen auch die blinden Flecken in seiner Arbeitsweise zu Tage. Seine Projekte sind griffige Slogans. Was aber steht dahinter? Wo, wenn nicht in seinem Buch, hätte sich die Gelegenheit geboten, in die Tiefe seiner Entwürfe vorzudringen. Stattdessen wiederholen sich die plakativen Erläuterungen der Webseite auch hier:
Das People’s Building ist dafür ein gutes Beispiel. Hier wird ein gescheitertes Wettbewerbsprojekt von Nordschweden nach Shanghai transferiert. Das alleine ist heutzutage kaum der Kritik wert. Seit dem das Casa da Musica von OMA mit dieser Strategie Furore gemacht hat, gilt das Recycling von Entwürfen nicht mehr als etwas Unehrenhaftes. Schwerer wiegt die Kontextlosigkeit des Projektes, sowohl an seinem ersten, als auch an seinem zweiten Standort. Dazu kommt eine auf Kreisen aufbauende Fassadengrafik, die als Tragstruktur dienen soll und Lifte die jeder Durchführbarkeit spotten. Das Projekt besteht aus Schemas. Seine Nutzbarkeit in funktionaler als auch in kultureller Hinsicht ist gelinde gesagt ungewiss.
Klar ist nur, dass sich der Entwurf weder durch die Konstruktion, die inneren Funktionen, noch durch den Bezug auf die Umgebung erklären lässt. Eine architektonische Haltung ist nicht zu erkennen. Es sind keine Raumstimmungen angestrebt. Es geht nicht um Materialwirkung. Es wird nicht nach einem poetischen Ausdruck gesucht. Das einzige was interessiert, ist die Symbolik des Zeichens.
Ob dies dem chinesischen Denken tatsächlich entspricht, sei dahin gestellt. Sicher ist, dass der Entwurf dem Anspruch auf architektonische Verständlichkeit nicht genüge tun kann. Seine Kohärenz begründet sich einzig aus dem Marketing. Dieses kann nur mit kurzen griffigen Botschaften etwas anfangen. Details verwässern die Botschaft. (Weiter bei …)
(1) Yes is more, ein archicomic zur Evolution der Architektur, BIG, Bjarke Ingels Group, Taschen, 2010