Bearth + Deplazes, reichhaltige Begriffe
Komplexe Begriffe wie das Wort Monolith kommen schnell an ihre Grenzen, wenn es darum geht Architektur zu beschreiben. Unterscheidet sich die Analogie vom Bauwerk in zu vielen Punkten wird die Bezeichnung sinnlos. Sind solche vielschichtigen Begriffe damit an sich Nutzlos oder ist ihr Funktionieren nur von der Wahl eines zutreffenden Wortes abhängig?
(… vorher) Bei der Beschreibung Jean Nouvels Expo-Pavillon in Murten haben wir festgestellt, dass das Wort Monolith den Sachverhalt nicht treffend zu umschreiben vermag. In den besagten Überlungen haben wir uns mit den Merkmalen schroff, mächtig und abstrahiert beholfen. Die Tatsache, dass drei Bezeichnungen notwendig sind um das Wesen des Gebäudes zu erfassen, macht es deutlich. Der Begriff Monolith fasst mit seinem Facettenreichtum eine grosse Menge an Bezügen und Beschreibungen zusammen. Er erzeugt in uns ein Bild, zusammengesetzt aus all unseren Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Wort. Was also beim Monolithen mitschwingt, kann nur mit mehreren einfacheren Attributen ausgedrückt werden.
Ist man an der Reichhaltigkeit der Bezeichnung interessiert, müssen andere bildhafte Begriffe gefunden werden, wenn das Wort Monolith nicht anwendbar ist. Solche komplexen Begriffe im Umfeld des Monolithen sind zum Beispiel: Kristall, Trutzburg und Bunker. Alle diese Benennungen überschneiden sich in ihren Eigenschaften mit dem Monolithischen. Am augenfälligsten spielt die Härte in allen Bezeichnungen eine Rolle. Des Weiteren ist die kompakte Form bei der Trutzburg und dem Bunker eine militärische Notwendigkeit und beim Kristall die Folge molekularer Anlagerung. Zudem wirken alle Bilder archaisch. Nun stellt sich die Frage, ob diese Begriffe den Sachverhalt des schwimmenden Stahlkolosses besser beschreiben als das Wort Monolith.
Der Kristall scheidet auf Grund der nicht vorhandenen Durchsichtigkeit und der fehlenden Polygonalität aus. Für die Bunkeranalogie fehlt es dem Kubus an Aussenwandstärke und bei einer Trutzburg könnte man Zinnen erwarten. Jedes dieser Bilder ist auf seine Weise unzutreffend. Dennoch liegt mindestens die Trutzburg näher am gezeigten Ausdruck, als der Monolith. Das Bollwerk auf einer Insel im See, die Wehrhaftigkeit des geschlossenen Körpers und die Stabilität der metallenen Aussenhaut sprechen für das Bild.
Ist man bereit, gewisse Abweichungen zwischen Analogie und Objekt zuzulassen, können komplexe Begriffe durchaus zur Beschreibung von Architektur heran gezogen werden. Im Gegensatz zu einfachen Adjektiven reichern sie das Denken über Architektur mit einer grossen Erfahrungstiefe an. Allerdings sind solche komplexen Analogien nur dann hilfreich, wenn sie den Kern der Gestaltung auch tatsächlich treffen. (Weiter bei …)