Barragán, mexikanische Farbigkeit
Die Farbwahl Barragáns findet nicht im luftleeren Raum statt. Seine satten Anstriche sind ein bewusster Bezug auf die regionale Kultur. Hier verschmilzt die internationale Moderne mit den Farben des Ortes. Dies gelingt so aufsehenerregend gut, dass das Lebenswerk des Architekten selbst zum Abbild und Vorbild für die Kultur Mexikos geworden ist.
(…vorher) Als die grossen Einflussfaktoren für das Schaffen Barragáns nennt Danièle Pauly die Kultur der Inka, die Kultur des Mittelmeers und die europäische Moderne. Das typisch Mexikanische ist schon von sich aus eine Mischung des spanischen und indigenen Einflusses. Seine Reisen haben den Architekten aber auch in die verschiedene Kulturen rund um das Mittelmeer geführt. Die Eindrücke dieser Reisen hat er mit den Konzepten der modernen Architektur verbunden.
Trotz der Vielzahl an Einflüssen, die Farben, als ein wesentlicher Teil seiner Gestaltung, sind eindeutig von den Traditionen des eigenen Landes beeinflusst. So lesen wir bei Pauly über die Beschäftigung Barragáns mit den präkolumbischen Stoffen und über die Pracht der verschiedenen Farbtöne der indigenen Kultur und der tropischen Mehrfarbigkeit (1). Daneben ist aber auch die Sonne, ohne die die Farben kaum ihre Wirkung entfalten könnten, ein typisches regionales Element in Barragáns Architektur. Pauly schreibt über die Strahlkraft des Himmelskörpers:
„Wenn die Sonne im Zenit steht, verblassen die lebhaften Farben der verputzten Mauern. Das intensive Licht reduziert dreidimensionale Baukörper scheinbar auf nebeneinander liegende Flächen.“ (2)
Die Sonne hat demnach einen extremen Einfluss auf die Wahrnehmung von Architektur. Barragán macht sich diesen Umstand zu Eigen. Er kreiert mittels Farbeinsatz Situationen, welche die Sonne positiv spürbar werden lassen. Durch intensive Farben wirkt die Gestaltung auch in der grellen Mittagsonne. Durch Filterung und Reflexion, wird die Einstrahlung in den Innenraum gedämpft und mit einer poetischen Wirkung aufgeladen.
Luis Barragán hat so das Wesen Mexikos in seiner Architektur zum Thema gemacht. Er hat es hervorgehoben und so wohl auch zu einem guten Teil mitgeprägt. (Weiter bei …)
(1) Pauly Danièle, Barragán, Raum und Schatten, Mauer und Farbe, Birkhäuser, 2002, S. 26
aus: Chucho Reyes, Text von Barragán, Manuskript, datiert vom 6. Nov. 1951, S1.
(2) Pauly Danièle, Barragán, Raum und Schatten, Mauer und Farbe, Birkhäuser, 2002, S. 34