Zürich, Vision

Zürich, Vision

Wie soll die Stadt aussehen? Das ist wohl eine der wesentlichsten städtebaulichen Fragestellungen überhaupt. Eine Antwort wird derzeit jedoch nicht gesucht. Eine tragende Vision ist in weiter Ferne.

(vorher…) Eine Stadt muss funktionieren. Dazu braucht es Schulen, Freizeitlokale, Arztpraxen, Arbeitsorte und Strassen, die überall dort hin führen. Die Stadt ist nicht nur eine Anhäufung von Steinen, sie ist auch ein soziales und wirtschaftliches Gefüge. Über ihren Erfolg entscheidet das möglichst reibungslose Zusammenspiel der Funktionen.

Doch eine qualitätsvolle Stadt lässt sich nicht nur über die Effizienz ihrer Infrastrukturen bemessen. Die Lebensqualität wird auch durch weiche Faktoren, wie der Identifikation und Orientierung in der Umgebung, beeinflusst. Zu guter Letzt geht es darum, dass wir uns an dem Ort wohlfühlen, an dem wir wohnen. Dazu sind auch die Form und der Ausdruck des gebauten Umfeldes wichtig.

Eine Steuerung dieser letzteren Qualität scheinen die Vertreter der Stadt jedoch aufgegeben zu haben. Die Aussagen des „Stadtbaumeisters“ kommen einer Kapitulation gleich, die jeglichen Fortschritt von Vornherein verunmöglicht. Patrick Gmür macht im Buch „Zürich 1980-2012, Dynamik einer Stadtentwicklung“, das anlässlich der Generalversammlung des BSA 2012 herausgegeben wurde, folgende Aussagen:

„Doch die Zeit der grossen planerischen Würfe ist definitiv vorbei. Wir haben kein Land mehr, um ganze Quartiere oder Stadtteile neu zu planen. Unsere Arbeit entspricht schon eher der Akupunktur. Die 3000 Baueingaben oder Bauprojekte pro Jahr sind die Nadelstiche, mit denen wir versuchen – nicht immer erfolgreich leider – einzugreifen und auch die Entwicklung der Stadt im grösseren Zusammenhang zu beeinflussen.“ (S.60) (1)

Sicher, der Wille zur Verbesserung ist da. Die Behörde versucht mit den Mitteln, die der Gesetzgeber geschaffen hat, eine möglichst hohe Qualität zu erzeugen. Aber kann das gelingen, wenn ein grosser Wurf fehlt? Kann die Akupunkturnadel richtig gesetzt werden, wenn man keine Vorstellung vom gesamten Körper hat?

Es gibt keine öffentliche Strategie zur ästhetischen Stadtentwicklung – und die Öffentlichkeit einer solchen Zielvorstellung ist wichtig, um sie in der Gesellschaft breit verhandeln und legitimieren zu können. Dabei geht es um die Wahl der Bautypologien in den einzelnen Quartieren, um die Formulierung der Aussenraumgestalt und um die Definition von Formalen Brüchen und Ausnahmen. Letztlich geht es also um die Entwicklung eines Quartiercharakters, an dem man sich bei jedem noch so kleinen Eingriff orientieren kann. So kann ein Gesamtbild entstehen.

Zürich braucht eine Vision, sonst entwickelt es sich nicht, sondern vegetiert nur als ein Flickwerk. (Weiter bei…)