Wiel Arets, das Magritte-Vermächtnis

Wiel Arets, das Magritte-Vermächtnis

„Ceci n’est pas une pipe“ steht gross unter René Magrittes gemalter Tabakpfeife. Das ist einleuchtend. Eine gemalte Pfeife lässt sich nicht stopfen und folge dessen auch nicht rauchen. Das Bild ist eben nicht der Gegenstand den es abbildet. Nach diesem Prinzip funktioniert auch Wiel Arets Fassade in Wallisellen.

(…vorher) Das der Stein nicht echt ist, ist von Anfang an klar. Nicht, dass es Arets auf die Fassadenplatten geschrieben hätte. Vielmehr hat man sich dazu entschieden, das Bild nicht präzise wiederzugeben. Auf das Glas aufgedruckt wurde eine abstrahierte Form des Steins. Die Bildpixel wurden zu erkennbar grossen, runden Punkten transformiert. Man muss nicht mit der Lupe suchen um die Unechtheit zu bestätigen. Der Aufbau des Bildes lässt sich aus mehreren Schritten Entfernung von blossem Auge erkennen.

Man kann dem Architekten also nicht vorwerfen, er hätte den Betrachter in die Irre führen wollen. Im Gegenteil, er geht hier plakativ didaktisch vor, um jeden Verdacht auf Täuschung im Keim zu ersticken.

Die Folge davon ist eine grafische Form der Materialität. Eine Materialität, die sich streng genommen auf jede erdenkliche Oberfläche aufbringen lässt. Hier stösst der Architekt eine Türe zu einem Raum mit unendlich vielen Kombinationsmöglichkeiten auf. Auch andere haben sich schon aus diesem Zimmer bedient. Man denke nur an die Holzwerkstoffverkleidung im Hauptsaal der Casa da Musica in Porto, auf die eine überdimensionale Holz-Maserung appliziert wurde. Die Losung für den Konzertraum lautet nicht mehr nur: „Das ist kein Holz“, sondern: „Das ist kein Holz, welches auf eine Holzplatte gemalt wurde, die ebenfalls kein natürlich gewachsenes Holz ist“. Dieses Verwirrspiel der Realitätsebenen lässt sich beliebig weiterspinnen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Marmorplatte, auf welche die Maserung derselben Marmorplatte aufgebracht würde? Oder wie wäre es, wenn auf die täuschend realistische Keramikkopie der Marmorplatte die Maserung einer Marmorplatte aufgedruckt würde? Was ist noch echt und was nicht? Wohin führt uns diese intellektuelle Endlosspiegelung?

Wir verlieren uns letzten Endes wohl im Wahnsinn. Gräbt man nur tief genug, kann alles in Frage gestellt werden. Oder aber wir ziehen uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf, in dem wir das Ganze nicht so furchtbar ernst nehmen. Denn bevor sich alles in der Frage nach dem Echten aufzulösen beginnt, steht die Wirkung der Oberfläche. Sie ist direkt und funktioniert oder funktioniert nicht. Im Falle der Fassade des Allianz-Hauptsitzes kann man dem Wirkungsgrad der steinernen Lochfassade durchaus kritisch gegenüberstehen. Die Wandstücke sind zu schmal um genügend Gewicht zu haben. Dort wo die Glasplatten aber ganzflächig bedruckt sind, zeigt sich die Qualität der Oberfläche. Das Gebäude wird durch seine Musterung zu einem charaktervollen Glasbau. Bei dem neben seiner Härte und Strenge auch eine natürliche Note mitschwingt. (Weiter bei …)