Mit dem Kontext kopulieren
Die Bildung von gestalterisch einheitlichen Siedlungen und die damit einhergehende ästhetische Fragmentierung der Stadt, erinnert an das Verhältnis zwischen Architektur und Kontext, das Rem Koolhaas mit „fuck context“ umschrieben hat.
(… vorher) In „Anti-Bigness“ sind wir bereits auf den Gegensatz der Bigness-Theorie zu den Siedlungsbauten von Zürich eingegangen. Deren Grösse rechtfertigt die Einstufung als „Bigness“ nicht. Das Verhältnis zur Umgebung wird durch Koolhaas‘ Theorem dennoch ziemlich gut beschrieben:
„Together, all these breaks – with scale, with architectural composition, with tradition, with transparency, with ethics – imply the final, most radical break: Bigness is no longer part of any urban tissue. It exists; at most, it coexists. Its subtext is fuck context.“ (1)
Die Zellen aus der die Stadt aufgebaut ist, koexistieren ohne eine Verbindung untereinander. Es gibt keine formalen oder ästhetischen Anpassungsversuche über das eigene Grundstück hinaus. Jedes bauliche Vorhaben steht für sich. Die Stadt als ordnender Rahmen kann kaum noch Einfluss geltend machen. Es ist eine Art Inselurbanismus, den wir hier beobachten können. Einen bewussten Umgang mit der Differenz scheint es nicht zu geben, sie wird ignoriert.
Der Fokus liegt auf dem Einzelwerk. Grundeigentümer und Architekten schaffen ein erkennbares Bild. Sie branden die Liegenschaft. Die Kommunen unterstützen dieses Vorgehen mit dem Auswahlprozess der Architekturwettbewerbe. Insbesondere bei zweistufigen Verfahren wird das Vorgehen der Jurys offensichtlich. Vielfach wird in der ersten Stufe nicht die erfolgreichste städtebauliche Strategie gekürt, um in der zweiten Stufe die beste architektonische Umsetzung zu wählen. In die zweite Runde schaffen es vielmehr die besten architektonischen Lösungen und erst dann wird über die Typologie entschieden. Die Gestaltungsqualitäten stehen damit vor der städtebaulichen Struktur. Der übergeordnete Blick geht dabei offensichtlich verloren.
Die Brüche die so entstehen, sind nicht durch städtische Funktionen begründet. Sie ergeben sich aus dem Prozess ihrer Planung. Für die Stadt sind sie somit nichts Positives, da sie nicht aus ihrer eigenen Logik hervorgehen. Die entstehenden Bruchstellen weisen nicht auf einen stadtgesellschaftlichen Konflikt hin, sondern auf die Planvorgaben der Behörden. Die Jury bezieht sich in der Projektauswahl auf ihr ästhetisches Empfinden. Die Stadt selbst ist sekundär. oder wie es Koolhaas sagen würde „fuck context“. (Weiter bei…)
(1) Bigness or the problem of Large, in: S,M,L,XL OMA, Rem Koolhaas and Bruce Mau, The Monacelli Press, 1995