Streumuster

Streumuster

Beginnen wir am einen Ende der Typologieskala. Der Punktbau ist in vielerlei Hinsicht eine extreme Bauform. Ausrichtung, Raumbildung und der Bezug zu gemeinschaftlich genutzten Bereichen sind hier schwach ausgebildet. Der Aussenraum ist eine eher unmotivierte Fläche. Doch dies bringt nicht nur Nachteile.

(… vorher) Je weniger Beziehungen die Gebäude untereinander aufbauen, desto offener ist die Struktur. So wird es leicht an die Bebauungsform anzuschliessen und sie fortzusetzen. Die kleine Grundfläche der einzelnen Teile trägt dazu bei, dass dies auch auf schwierigen Parzellen möglich ist. Punktbauten gehören wohl zu den flexibelsten Typologien. Doch auch hier gibt es verschiedene Abstufungen.

Die Siedlung an der Else-Züblin-Strasse darf als reinste Form der Punktbautypologie bezeichnet werden. Es hat den Anschein, als hätte der Zufall in einer schwungvollen Handbewegung jedes Korn mit einer unterschiedlichen Ausrichtung auf den Acker geworfen.

Nur die gleichmässigen Abstände der Bauten deuten auf eine Regel hin. Was auch immer zu diesem Streubild geführt hat, die Folge der Setzung ist die maximale Beziehungslosigkeit zwischen den Häusern: Man sucht die gemeinsamen Fluchten vergebens, kann keine Gegenüber erkennen und vermisst jeglichen Ansatz von Raumbildung zwischen den Baukörpern. Der Eindruck des Zusammenhangslosen wird durch die abgerundeten Gebäudeecken noch verstärkt. Selbst die einzelnen Bausteine versuchen mit aller Kraft eine Ausrichtung zu vermeiden. Sie streben vielmehr der introvertiertesten und neutralsten aller Formen zu: dem Kreis.

All dies führt zu einem Aussenraum unmotivierter Flächen. Da die Gebäude zueinander keine Beziehung aufbauen entsteht auch keine Spannung dazwischen, geschweige denn, dass die Bauten im Stande wären zusammen Räume zu bilden. Weder im Inneren der Fläche noch an den Rändern wird Raum gefasst. Man kann sich gewissermassen frei durch die Struktur bewegen, wird aber auch durch nichts gehalten.

Das mag der Typologie als Nachteil angelastet werden, wenn es um Orientierung und Ortsbildung geht. Als Struktur selbst kann sie aber durchaus eine eigene Identität entwickeln, wenn sie sich über eine grössere Fläche ausdehnen kann.

Der Einsatz von Punktbauten muss aber nicht gezwungenermassen zu einer Beziehungslosigkeit führen. Wie die Siedlung Werdwies an der Bändlistrasse zeigt, kann auch mit nahezu quadratischen Gebäuden ein starker Zusammenhang unter den Häusern generiert werden. Trotz einer regelmässigen Streuung werden hier klare Aussenräume gebildet. Dies ist der strengen orthogonalen Ausrichtung und den geringen Gebäudeabständen geschuldet. Der Hartbelag zwischen den Bauten verstärkt den Eindruck der Einheit zusätzlich. Trotz Punktbauweise sind hier klare Zonierungen gelungen und präzise Ränder definiert.

Die beiden Beispiele zeigen es: Auch mit den geometrisch wenig gerichteten Punktbauten können städtebauliche Strukturen gebildet werden. Bewusst eingesetzt kann diese Typologie sicher Sinn machen. Allerdings muss dabei die Problematik der Beziehungsdefizite stets im Auge behalten werden. Dort wo ein Zentrum gefragt ist, führt eine solche Bauform nur schwerlich zum Ziel. Dort wo Orientierung, Hierarchie und Ordnung erzeugt werden sollen, muss die Punktbaustreuung versagen. (Weiter bei…)