Lob der flexiblen Regulierung

Lob der flexiblen Regulierung

Alles muss reguliert sein. Dem liberalen Bürger dreht sich der Magen. Kann die Einschränkung als solche überhaupt zu positiven Resultaten führen? Sind nicht die produktiven Kräfte durch den dauernden Ordnungswillen bis zum Stillstand eingeschnürt? Warum also soll man neben den Regeln der Baukunst, Energie- und Ökologievorschriften, Bauordnungen, usw. noch alles mit einer typologischen Fessel verkomplizieren?

(… vorher) Das Verhältnis zwischen Ordnung und Freiheit ist ein Konfliktgebiet, das so alt ist wie die Gesellschaft selbst. Ohne Freiheiten kann nichts entstehen und ohne Ordnung kann nichts bestehen. Irgendwo zwischen den Extremen von stetigem Wechsel und Dauerhaftigkeit muss ein möglichst guter Kompromiss gefunden werden.

Gestützt von internationalen Rankings hat sich derzeit die Meinung durchgesetzt, dass die Qualität des Stadtkörpers wesentlich zur Wirtschaftskraft einer Kommune beiträgt. Ein hochstehendes Lebensumfeld lockt gut ausgebildete Arbeitskräfte an und gewährleistet den notwendigen Innovationsvorsprung gegenüber anderen Standorten. Der Erfolg der Wirtschaft sichert wiederum die Steuereinnahmen und die davon abhängende Steigerung der Stadtqualität. Dieser Kreislauf macht es verständlich, dass die Stadt daran interessiert ist, lenkend in ihre bauliche Struktur einzugreifen.

Allerdings ist die Qualität der Struktur nicht der einzige Faktor, der zum Funktionieren der Stadt beiträgt. Mit einem guten Image ist nichts gewonnen, wenn die einzelnen Bauten nicht praktisch sind oder rote Zahlen schreiben. Der positive Kreislauf funktioniert nur dann, wenn die erfolgreich angelockten Firmen und Arbeitskräfte auch tatsächlich wirtschaftlich erfolgreich sind. Kurz um; die Stadt lebt nicht vom guten Schein allein.

Dazu müssen die spezifischen Anforderungen der Bewohner und Bauherren berücksichtigt werden können. Um diese teils gegenläufigen Zielsetzungen gleichermassen zu befriedigen braucht es flexible Regeln. Wie also erreicht man eine möglichst grosse Flexibilität und kann dennoch für eine attraktive Struktur sorgen?

Ob sich eine Regelung einschränkend oder animierend auswirkt hängt von ihrer Formulierung ab. Beispielsweise kann man die Gebäudehöhe für ein Gebiet definieren oder man beschreibt die Zielvorstellungen eines Gebietes, von der sich die Gebäudehöhe ableiten lässt. Ersteres ist eine sehr einfache aber auch starre Regelungsweise. Ihr Vorteil ist die Rechtssicherheit. Die Behörden können klar Ja oder Nein sagen. Für diesen Entscheid stellt sich in letzter Konsequenz aber nicht mehr die Frage nach der Zielvorstellung, sondern nur noch nach der davon abgeleiteten Regel. Man könnte eine solche Normierung als einfältig bezeichnen, denn sie verhindert durch ihren Tunnelblick kreative Lösungen. Ausser Betracht fallen alle Innovationen, die mit den Zielvorstellungen übereinstimmen würden, aber von der Regelung abweichen. Die starre Ordnung übt eine gewisse Willkür aus, denn sie schränkt ihre Zielsetzung ein. Unter diesen Voraussetzungen entsteht schliesslich nur die zweitbeste Stadt.

Aber auch das umgekehrte Extrem, bei dem nur eine Zielsetzung formuliert wird, ist keine Lösung. Ein solches Vorgehen macht ständige Aushandlungsprozesse notwendig. Alles wäre eine Sache der Interpretation. Der Willkür durch die Beamten wären Tür und Tor geöffnet.

Für ein optimales Resultat ist eine Kombination von beiden Regelungsformen notwendig. Es braucht eine innovationsfördernde Zielsetzung und einen gesetzlichen Rahmen, der die Rechtssicherheit gewährleistet. Der gesetzliche Rahmen muss aber so beschaffen sein, dass er den Zusammenhang zu seiner Zielsetzung nicht verliert. (Weiter bei …)