Das Permanenzproblem
In einigen Gebieten erscheint die Suche nach der richtigen Typologie einfach zu sein. Die dicht bebauten, ehemaligen Industriegebiete lassen sich mit grossformatigen Superblocks für Wohn- und Büronutzungen ersetzen. Für den Grossteil der durchgrünten Wohnzonen liegt die Antwort aber nicht so klar auf der Hand.
(… vorher) Dieser Umstand ist mit unserem intuitiven Verständnis von Permanenz zu erklären. Es ist naheliegend, dass wir für Ersatzneubauten nach einer Fortschreibung des Vorhandenen suchen. Die Eigenart des zu Ersetzenden soll in den Ersatz hinüber gerettet werden. Dort wo das Alte bereits voluminös und grossflächig ist, lassen sich grosse, effiziente Neubauten leicht rechtfertigen. Umso schwieriger ist es, den Ersatz von kleinteiligen Wohnbauten mit riesigen Bauten plausibel zu gestalten. Im Zuge von Verdichtungsbestrebungen ist es aber oft genau das, was es zu bewerkstelligen gilt. Die wesentlichen Hebel, welche dem Planer zur Verfügung stehen, können an einer Hand abgezählt werden: Er kann den Bezug zur vorherrschenden Gebäudehöhe, Gebäudeausdehnung oder Aussenraumbeziehung suchen. Die Hebel lassen sich jedoch nicht alle zur gleichen Zeit betätigen, da sonst die angestrebte Dichte auf der Strecke bleibt. Irgendwo muss schliesslich das Mehrvolumen platziert werden.
Wie man es auch dreht und wendet, mit der Verdichtung betritt man in irgend einer Form typologisches Neuland. Mögen die Ähnlichkeiten noch so frappant sein, sie sind dennoch nur in einem Teilbereich vorhanden. Im grossen Rest verhält sich die Bebauung in einer neuen Art und Weise. Die Fortführung der alten Stadt ist nicht möglich. Die Typologie geht verloren. Ein grosser Teil der Entwürfe bestehen folglich aus neuen Ideen. Wieso aber klammert man sich dann noch an eine Ordnung, die höchstens dem Schein nach erhalten werden kann?
Zum einen ist es sicher die Dauer der Veränderung selbst. Während längerer Zeit würden die neue und die alte Ordnung nebeneinander existieren müssen. Da ist es auf den ersten Blick doch einfacher, sich mindestens teilweise am Bestand zu orientieren. Es ist aber auch eine Frage der Nostalgie. Die Permanenz der Stadtstruktur ergibt sich in Zeiten von Grundstückszusammenlegung und Arealüberbauung durch die Wehmut nach dem Gewohnten. So sind es nicht mehr die Parzellengrössen, welche die Körnung der Stadt bestimmen, sondern das Einverständnis der Bauherren diese Körnung zu imitieren. So verständlich das auch sein mag, es stellt sich dennoch die Frage, ob hier die Permanenz nicht ein Problem für die Qualität der Stadt darstellt. Wäre es nicht erfolgreicher neue Typologien zu entwickeln, welche die erhöhte Baumasse auf eine eigenständige Art umsetzten?
Unter der Voraussetzung, dass die Kommune die Entwicklung der Typologie über längere Zeiträume kontrollieren kann, ist ein Erfolg denkbar. Mit einer intelligenten Ersatztypologie, die sich eigenständig verhält und sich der Beziehung zum Bestand dennoch nicht gänzlich verweigert, wäre für den zukünftigen Charakter der Stadt einiges gewonnen. (Weiter bei …)