Westside, Die Auswirkung von Design

Westside, Die Auswirkung von Design

Mit dem Namen Libeskind lassen sich Menschen anlocken. Malls scheinen davon im gleichen Masse zu profitieren wie Museen. Doch wie wirkt sich seine Gestaltung auf den Verkauf spezifisch aus?

(… vorher) Die Mall als Umgebung der Information kann als eine gestaltete Einheit verstanden werden. Gleichsam ist dieses System auch aus vielen kleinen Einzelteilen zusammengefügt. Die unterschiedlichen Branchen, die unterschiedlichen Läden und die darin wiederum angebotenen Produkte, führen zu einer Vielzahl von gegenläufigen Interessen. Obschon alle Mieter einer Mall von der Ladenansammlung profitieren, stehen sie in Konkurrenz zu ihren Nachbarn. Die Anziehungskraft der Ladenansammlung bringt nur dann gute Gewinne, wenn sich das einzelne Angebot aus der Masse abheben kann. Das System Mall ist stets in Gefahr auseinander zu driften. Ähnlich wie in einem Sonnensystem, wo sich Fliehkraft und Massenanziehung die Waage halten, ist auch in der Mall die Gesamtheit und das Einzelne gleichermassen wichtig. Schliesslicht sind es auch die einzelnen Teile, welche die Attraktivität des Ganzen befördern. Massnahmen für den Zusammenhalt des Ganzen dürfen daher die Dynamik der einzelnen Zellen nicht stören und müssen dennoch spürbar sein. Ziel eines verbindenden Rahmens ist es nicht, die Inhalte zu erdrücken, sondern sie auf positive Weise zu befördern. Die Antwort darauf kann der Einsatz von Design sein. Es wirkt auf der emotionalen Ebene. Es schafft positive Werte wie Charakteristik und Wiedererkennung. Design wirkt sich – richtig angewandt – nicht als Konkurrenz zu den Einzelinteressen der Mieter aus, sondern als deren Multiplikator.

Ein Beispiel für den Einsatz von Design in Mall‘s ist das Einkaufcenter „Westside“ von Daniel Libeskind in Bern. Das Marketingkonzept der Mall ist eng mit dem Namen des Stararchitekten verbunden. Sein Status ist aber nicht nur Schall und Rauch, sondern hat sehr wohl Hand und Fuss. Im Falle des bekannten „Dekonstruktivisten“ zeigt sich dies in massigen, schrägen Stützen und Balken. Die Mall als Bewegungsraum erhält durch die dynamischen Formen eine starke Präsenz. Atrien mit grossen Oberlichtern ziehen den Blick zum Himmel. Überall kreuzen sich dort die schrägen Träger. Auch die Treppenläufe und Rolltreppen sind in dieses Spiel miteingebunden. Alles zusammen ergibt eine durchgängige Umgebung. Unaufdringlich in weisser Farbe gehalten, in der Formgebung aber dennoch eindringlich. Diese Balken sind ein typisches Gestaltungsmittel des Autors. Neben den spitz aufragenden Keilen, deren er sich für die Aussenvolumen so gerne bedient, ist es im Innern die Choreografie der Stäbe, die seine Architektursprache prägt. Er schafft mit dem Zusammenfügen dieser Teile eine skulpturale Struktur, durch die man sich bewegen kann. Sie besetzt mit der Erschliessungsfläche das Zentrum der Mall. Dabei aber verhindert sie in keiner Weise die Wirkung der Läden in diesem Bewegungsraum. Sehr hohe Glasfronten ermöglichen grosse Flächen, über die sich die Geschäfte präsentieren können. Teilweise sind diese Glasflächen ebenfalls schräg überhängend. Die Auslagen erhalten damit eine extravagante Bühne. Ein bisschen geadelt scheint ein Geschäft, das sich hier einmieten darf. Doch das alleine macht die Vorteile des Designs nicht aus. Durch die Attraktivität des Bewegungsraumes erhält die Bewegung durch die Mall einen hohen Stellenwert. Der durchgängig gestaltete Innenraum macht Lust darauf, sich in ihm zu bewegen. Das Design regt also genau das an, was sich der Verkäufer erhofft. Der Kunde soll sich an allen Läden vorbeibewegen.

Das Beispiel zeigt es: Design kann einiges bewirken. Es kann einen positiven Rahmen für die Einzelinteressen bieten und sie durch ein charakteristisches Gesicht kanalisieren. Letztendlich übernimmt das Design in der Mall das Bändigen der Informationen. Sie ist der Dompteur, der die eigenwilligen Einzelakteure durch den attraktiven Feuerreifen schickt und dabei alles spielend leicht aussehen lässt. (Weiter bei… )