Schutz
Das Schutzbedürfnis stemmt sich gegen all jene Thesen, welche die Stadt als etwas kommunikatives, als etwas gemeinschaftliches verstehen wollen. Der Wunsch nach Schutz prägt Architektur in hohem Masse.
( … vorher) Unter Schutz verstehen wir jene Eigenschaft, die es uns erlaubt in Sicherheit vor den Gefahren der Umwelt zu leben. Dazu gehören die Witterung und die Gewalteinwirkung durch den Menschen. Neben diesen physischen Einflüssen bestehen zudem auch geistige Gefahren. Hier soll aber nicht weiter auf diese Art des Schutzbedürfnisses eingegangen werden, da es bessere Mechanismen gibt diese Einwirkungen abzuwehren als die Architektur.
Wenn wir das Wort Schutz hören, dann denken wir an umschlossene Räume. Wände, Dächer und Böden tragen zu dieser Abgeschlossenheit bei. Sie bilden eine Grenze, welche die Gefahr von uns abhält. Je nach Gefahrenprofil, sind auch die Abwehrmassnahmen unterschiedlich. Wo es bei Regen vor allem ein Dach braucht, reicht dies bei Wind nicht mehr aus. Es müssen auch Wände her. Bei Kälte und Feuchte empfiehlt sich auch ein guter Boden. Betreffend der Gewalteinwirkung durch den Menschen wird die Angelegenheit noch aufwendiger. Nicht, dass es grundsätzlich neue Gebäudeteile bräuchte, aber die Anforderungen an die einzelnen Elemente erhöht sich. Der Mensch ist erfinderisch und wird nach längerem überlegen immer das richtige Werkzeug schaffen, mit dem es möglich ist den Schutz zu überwinden. Daher muss sich die Schutzmassnahme selbst auch immer weiterentwickeln. Dicke Steinmauern nützen heutzutage nichts mehr gegen einen militärischen Angriff, ein Bartschlüssel bietet kaum Sicherheit vor Einbruch.
Schutz kann als Basiseigenschaft für andere Aufenthaltsqualitäten angesehen werden. Innerhalb des geschützten Bereiches können sich Gefühle der Geborgenheit und der Sicherheit und daraus wiederum Entspanntheit und Wohligkeit ergeben. Schutz im Sinne der Architektur funktioniert immer durch eine Form der Abkapselung und bildet daher einen stark definierten räumlichen Bereich. Ein solch definierter Bereich wiederum, bietet die Möglichkeit für allerlei unterschiedlich geartete atmosphärische Erfahrungen.
Von aussen betrachtet kann Schutz dazu führen, dass sich die Geschützten und deren Umgebung gänzlich von der Gemeinschaft abkapseln. Je mehr Schutzbedürfnisse durch eine Hülle abgedeckt werden, desto weniger ist der Kontakt zum Äusseren möglich. Wer nicht will, dass etwas hinein kommt, wird es auch schwer haben an dem was Draussen passiert teilzuhaben. Schutz bedeutet demnach immer auch Ausgrenzung. Vom städtischen Aussenraum her betrachtet sind geschützte Bereiche, also beispielsweise Gebäude, als Kapseln zu verstehen, die zu einem gewissen Grad nicht vom verbindenden Charakter der Stadt Gebrauch machen. Dabei entsteht eine paradoxe Situation. Einerseits stellen die Häuser den Raum zur Verfügung in dem sich die grosse Zahl an Menschen aufhalten kann und bildet damit die Grundlage für die Gemeinschaft. Andererseits vollziehen die Gebäude im selben Zug eine Abkehr von der Stadt und der Gemeinschaft, in dem sie dem Bewohner ein angenehmes und sicheres Umfeld bieten.
Bereiche, die nicht abgeschlossen sind, die offen zu Tage liegen, geben ihren Schutz bis zu einem gewissen Grad auf. Das Zusammenkommen ist damit immer mit einem gewissen Risiko behaftet.
Stadt als Gemeinschaft betrachtet, findet im Spannungsfeld zwischen den Polen des persönlichen Schutzes und Gemeinschaft statt. Die Masse an Gebäuden bildet noch keine Gemeinschaft. Die Auseinandersetzung die daraus eine Einheit werden lässt ist unabdingbar. Daher ist auch die Architektur mit ihren Hüllen daran interessiert, nicht nur Schutzbedürfnissen zu entsprechen. Andererseits werden ihre Versuche, sich dem städtischen Aussenraum zu öffnen stets unvollkommen sein. (Weiter bei …)