Stadtvorgarten, Schwellenräume

Stadtvorgarten, Schwellenräume

Die Basis für niederschwellige, spontane Nachbarschaftskontakte ist die Nähe, die ungezwungene, wiederholte Begegnung. Dazu braucht es die richtigen räumlichen Gegebenheiten. Es braucht Schwellen und nicht Grenzen.

(…vorher) Man grüsst sich – aber nicht nur beim Vorbeihuschen im Treppenhaus. Für eine Beziehung unter den Nachbarn ist ein wiederholtes Treffen notwendig: Man kommt von der Arbeit und bevor man im Haus verschwindet, hält man einen kurzen Schwatz mit dem Nachbarn, der schon im Garten sitzt. Man isst auf seinem Sitzplatz zu Abend und grüsst die Eltern, die sich Nebenan gerade für Ihr Essen einrichtet, während die Kinder schon vom Tisch springen, um zusammen zu spielen. Solche Begegnungen legen das Fundament für ein solides soziales Netz.


Starke Grenzen und fehlende Begegnungsflächen verhindern die Entstehung solcher lockeren, aber dauerhaften Kontakte. Auf der anderen Seite vermögen auch völlig offene Bereiche keine Kontakte zu begünstigen. In ihnen gibt es kaum Halt und damit keinen Grund sich länger an einem Ort aufzuhalten. Hinzu kommt, gerade in der Schweiz, das gesellschaftlich antrainierte Verhalten, nicht die Gesellschaft zu suchen, sondern die anderen möglichst nicht zu stören. Man besetzt im Zug (nicht erst seit der Pandemie) zuerst die leeren Abteile, bevor man sich zu jemandem hinsetzt usw.


Will man dieses kulturell bedingte Distanzieren überwinden ist also weder die Abgrenzung noch die Offenheit die Lösung. Es braucht etwas dazwischen. Es braucht eine durchlässige Unterteilung, eine gefasste Offenheit. Der Begegnungsraum kann dazu in Zellen gedacht werden, die einen klaren Ort definieren aber keine harte Grenze ziehen. So fühlt man sich gehalten und im Ort verankert und kann mit den entsprechenden Sichtbeziehungen dennoch mit anderen in Verbindung treten.


Mit diesen Grundsätzen und Zielen im Hinterkopf kann dann eine reichhaltige Aussengestaltung entstehen: Wechsel im Bodenmaterial oder Plattenstreifen können Bewegungsflächen und Zonengrenzen kennzeichnen. Stellstreifen oder Steinquader in Sitzhöhe bilden leicht überschreitbare Grenzen. Locker gesetzte, halbhohe Büsche und Hecken gewähren ein Minimum an Intimität und lassen dennoch Durchblicke zu. Pergola und Sonnensegel definieren klare Aufenthaltsorte, ohne den Kontakt nach aussen zu unterbinden. Vereinzelte mannshohe Sichtschutzwände und bewachsene Strukturen geben den Aufenthaltsorten einen Rücken, an den man sich anlehnen und von ihm her herausblicken kann.


Mit solchen und unzähligen weiteren Elementen lässt sich der Aussenraum gestalten. Es entsteht dabei eine erlebnisdichte Umgebung aus Orten. Aber noch viel wichtiger: Es webt sich langsam ein feines Netz aus sozialen Kontakten. (Weiter bei…)