Kernstadt-Platz, Europaallee

Kernstadt-Platz, Europaallee

In Zürich entsteht mit der Europaallee ein neuer Strassenzug an bester Lage. Die Kritik daran war im Vorfeld gross und scheint auch zum Zeitpunkt der Fertigstellung kaum abzureissen. Aber ist diese Kritik gerechtfertigt und was hätte anders gemacht werden müssen? Was ist es, das einen schönen Stadtraum ausmacht?

Von Weitem betrachtet ist die Europaallee ein vorbildliches Stück Kernstadt. Seine Bauvolumen sind mit Bedacht und viel gestalterischem Können modelliert worden. Mehrere Turmartige Hochbauten sind dort so zusammengestellt, dass eine lebendige Abfolge entsteht. Dies hilft sowohl den Strassenzug zu rhythmisieren als auch dem angrenzenden Gleisfeld des Hauptbahnhofes eine charakteristische Silhouette gegenüber zu stellen. Auch die Erschliessungswege weisen einen vorbildlichen Zuschnitt auf. Eine klare Hauptachse zieht sich durch das Gebiet und verzweigt sich nach drei Vierteln der Strecke in einem spitzen Winkel. Dies führt einerseits zu einer guten Orientierung und andererseits werden so interessante Ausblicke auf das Gleisfeld gewährt.

Bis hierhin ist alles ohne Tadel und man fragt sich, woran sich die Kritiker des Neubaus aufreiben. Die NZZ am Sonntag listet das ganze Ausmass der Malaise in ihrem Beitrag vom 29.06.2019 auf: Mit dem Nutzungsmix ist man nur bedingt einverstanden, die Läden erscheinen zu wenig frequentiert, Grossfirmen besetzen ganze Baufelder und verhindern so eine diverse Bewohnerschaft. Gewohnt wird zudem nur zu überhöhten Preisen. Diese Themen sind allerdings keine Kritik an der Stadtform, sondern an den Besitzern und Mietern. Die Nutzung gehört in der Stadt zu dem veränderbarsten Dingen. Es ist gut möglich, dass in zwanzig Jahren ganz andere Bewohner diesen Stadtteil nutzen.

Was die Anordnung von Nutzungen betrifft ist die Einpflanzung einer Shoppingmal sicher die grösste Hypothek für eine Kernstadt. Zum einen werden die Gassen zugunsten des Innenraumes entvölkert – Es ist unverständlich, warum die Ladenfläche nicht komplett auf die hochwertige Aussenerschliessung hin ausgerichtet wurde. Zum anderen wirkt sich die Mal, im Gegensatz zu allen anderen Nutzungen, massgebend auf die Bauvolumen aus. Die Shoppingwelt breitet sich auf der Strasseneben über ein ganzes Baufeld aus und führt darüber zu einem erhöhten Stadtplatz. Dieser ist nur über enge Treppen zu erreichen, und man frag sich schon, warum man die Stufen erklimmen soll, wenn sie nicht wirklich zu einem erstrebenswerten Ziel führen. Für das Gewebe der Stadt bildet die Mal ein Hindernis, das man grossräumig umgehen muss.

Wegen der Shoppingmal den ganzen Stadtteil schlecht zu reden, ist aber auch übertrieben. Städtebaulich ist diese Nutzung sicher nicht ideal, aber sie senkt die sehr hohe Qualität auch nicht ins Bodenlose. Die Mal ist wohl ein Kompromiss zwischen den wirtschaftlichen Zielen der Investoren und der Stadtform. Allerdings konzentriert sich die Kritik auch nicht nur auf die Nutzung- und Volumenverteilung. Kritisiert wird auch die Ausgestaltung des Aussenraumes und der Fassaden. (Weiter bei…)