Formpark
Wie können Erinnerungen mit Neuem kombiniert werden, sodass für die heutige Zeit eine relevante Gestaltung entsteht? Ein gelungenes Anschauungsbeispiel liefert uns ein clever entworfenes Stück Holz.
(…vorher) Das Studio Hannes Wettstein hat ein neues Parkettdesign entwickelt. Dabei haben sie vorgemacht, wie man tradierte Formen aktualisiert. Sie haben sich dazu des Klötzchenparketts angenommen, der Billigvariante unter den Holzböden. Nicht dass das Original gestalterisch per se schlecht wäre. Es gibt auch immer wieder gelungene Versuche, den Boden stimmig in die Architektur einzupassen. Zum Beispiel dann, wenn die kleinformatigen Hölzchen geräuchert und englisch verlegt, eine elegante dunkle Fläche bilden. Allerdings überwiegt bei den meisten Menschen das Bild von den schachbrettartig eingebrachten, hellen Stäbchen vor. Dies liegt daran, dass diese Verlegungsweise von den Nachkriegsjahren bis tief in die 80-er in inflationärem Masse eingesetzt wurde. Was also fängt man mit einem solch vorbelasteten Material an?
Die Antwort der Gestalter von Studio Hannes Wettstein ist verblüffend einfach: Skalierung. Die einzelnen Stäbe werden auf die Dimensionen von kurz geschnittenen Landhausdielen vergrössert. So entstehen Parkettstücke, die mehr an den Formaten von Keramikplatten angelehnt sind, als an die gewohnten Seitenverhältnisse von Holzriemen. Zudem passen die Holztafeln so zusammen, dass exakte Kreuzfugen gebildet werden können und sowohl eine parallele, wie auch eine senkrechte Verlegungsweise möglich sind. Mit diesen Kunstgriffen vollzieht sich ein Wandel in der Wirkung, der es in sich hat. Zum einen entfaltet der Boden nun eine neue Grosszügigkeit, zum anderen behält er aber die strenge geometrische Form seines Vorbildes. Zwischen seiner neuartigen Erscheinung, seinen kombinatorischen Spielmöglichkeiten und seinem klar erkennbaren Bezug auf eine tradierte Oberfläche erzeugt das Material eine innere Spannung, die einem nicht kalt lassen kann.
Das Beispiel dieses Parkettdesigns zeigt es in aller Deutlichkeit: eine zeitgenössische Gestaltung mit Bezug zu einer vergangenen Epoche ist möglich. Das Kunststück liegt darin, das Vorbild zu aktualisieren – es also so zu verändern, das daraus etwas Eigenes entsteht, ohne den Bezug zu seiner Herkunft zu verlieren. Gelingt diese Gratwanderung, führt dies zu einer Gestaltung, die sich nicht dem Vorwurf aussetzt angestaubte Formalismen zu wiederholen. (Weiter bei…)