Zähringerstädte, Komplexität als Nebenprodukt

Zähringerstädte, Komplexität als Nebenprodukt

Die exakte formale Entwicklung der mittelalterlichen Stadt ist noch heute weitgehend ein Rätsel. Da detaillierte Dokumente aus der Entstehungszeit der Städte fehlen, existieren lediglich grobe Pläne und Thesen zur Entstehung der charakteristischen Stadtstruktur.

(… vorher) Die komplexen und organisch anmutenden Stadtgefüge legen nahe, dass deren Ordnung und Form durch einen langen Wachstumsprozess gebildet wurde. Deren Ursprung war – wo nicht schon eine römische Siedlung bestand – in vielen Fällen ein kleiner Markplatz an einer Wegkreuzung, an die sich Gebäude anlagerten. Die Form der Stadt wäre, dieser These zu Folge, das Ergebnis eines Wachstumsprozesses bei dem jede einzelne Zelle eine möglichst kurze Wegdistanz zum wirtschaftlich relevanten Zentrum anstrebte. Hinzu kommen Kriterien des Schutzes, der topografischen Gegebenheiten sowie soziale und religiöse Faktoren, an welche sich eine Siedlung anpassen musste.

Nicht alle mittelalterlichen Städte sind aber durch Zufall und langsames Wachstum entstanden. Das Beispiel der Zähringerstädte im süddeutschen Raum (Freiburg, Offenburg, Villingen, Neuenburg, Breisach, Rottweil) und in der Schweiz (Rheinfelden, Burgdorf, Fribourg, Murten, Bern, Thun, Solothurn, Payerne und der Rennweg in Zürich) zeigt, dass solche Siedlungen auch bewusst gegründet wurden. Der Adel welcher diese Stadtgründungen veranlasste profitierte von Zöllen und Steuereinnahmen, welche die wirtschaftlich erfolgreichen Orte zu entrichten hatten.

Diese Stadtgründungen sind bis zu einem gewissen Grad geplant worden. Im Falle der Zähringerstädte kann dies anhand von erhaltenen Dokumenten nachgewiesen werden. Wo diese Pläne verloren gingen, lässt sich deren Existenz auf Grund der Ähnlichkeiten zu anderen Siedlungen vermuten. Nach Françoise Divorn (1) können die Prinzipien, nach denen diese Städte erstellt wurden, wie folgt beschrieben werden:

Als erstes und wichtigstes Merkmal der Zähringerstädte ist die grosse Marktstrasse zu nennen, welche von einer zweiten Hauptachse gekreuzt wird. Anstelle eines zentralen Platzes bilden diese Strassen das Zentrum der Siedlung. Meist entspricht diese Kreuzung dem Schnittpunkt zweier Fernhandelsrouten. Folgerichtig diente die Strasse denn auch dem Handel und weist hierfür eine grosse Breite auf. Auf den angrenzenden Flächen wurden gleichmässig in Grundstücke, sogenannte Hofstätten von 100 x 60 Fuss ausgesteckt. Diese Hofstätten wurden dann von ihren Besitzern weiter unterteilt und gegen Zins an die Bürger abgegeben (2). Nach diesem Prinzip wurden unter der Führung der Zähringer 13 Städte erstellt. Dazu kommen weitere Städte, welche diese Struktur übernommen haben.

Diese Ordnungselemente haben sich, so Divorn, über die Jahrhunderte nicht verändert. Die Stadtstruktur der Zähringerstädte kann demnach nicht als gewachsen bezeichnet werden. Sie zeigen eine kontrolliert Form, auch wenn diese nicht den abstrakten einfachen Geometrien entsprechen. (Weiter bei …)