Cook / Fournier: Herausragend Formal
Was ist das Wesen des Grazer Kunsthauses? Was sagt und dieser Bau? Wo liegt seine Berechtigung? All das sind Fragen die sich ein solch auffälliges Bauwerk und seine Autorenschaft gefallen lassen müssen.
(…vorher) Bei der Antwort auf diese Fragen steht die Extravaganz im Vordergrund. Die aussergewöhnliche Form und deren Zusammenspiel mit dem Screen, der das Haus in der Nacht von seiner Umgebung abhebt, ist ohne Frage ausgefallen. Das bedeutet noch nicht, dass das Gebäude nur Extravaganz zu bieten hat. Aber beschäftigen wir uns erst mal mit dem Offensichtlichen.
Seine Auffälligkeit bezieht das Gebäude aus dem Gegensatz zu seiner Umgebung. Es schwebt nicht frei auf weiter Flur, sondern ist einer gewachsenen, herrschaftlich mitteleuropäischen Stadt aufs Auge gedrückt worden. Damit werden die in Kunststoff gepressten Rundungen noch deutlicher herausgestrichen. Zumal hier nicht eine einfache Kugel erstellt wurde. Die Rundungen sind unregelmässig und werden auf der Oberseite des Körpers mit kurzen, fühlerartigen Oberlichtausstülpungen ergänzt. Durch diese fremdartigen Formen werden Bezüge zu herkömmlicher Architektur nachhaltig verhindert.
Dieses blasenartige Ding ähnelt einer deformierten Kartoffel, die auf der Oberseite keimt. Oder es gleicht einem noch unbekannten Organ, dessen Verbindungen zum Körper bei der Operation gekappt wurde. Die Beschreibungsversuche zeigen es, die Form ist so ungebräuchlich, dass es kaum einen gescheiten Vergleich zu einem bekannten Objekt gibt. Man muss das Haus einfach sehen – und gerade das ist seine grosse Qualität. Trotz seines verhältnismässig kleinen Volumens ist das Kunsthaus in Graz herausragend – herausragend formal.
In diesem Sinne sagt uns das Kunsthaus zunächst einmal: Seht mich an, ich bin andersartig. Die Form ist eine Werbekampagne. Das Haus ist eine Ikone seiner selbst. Das ist die alles durchdringende Wirkung.
Vor diesem Hintergrund kann der Kulturbau als Kommunikationsversuch verstanden werden. Er ist ein Positionslicht im internationalen Standort-, Tourismus- und Kulturwettbewerb. Ein Licht mit grosser Reichweite.
Allerdings wäre es wohl zu kurz gegriffen, den Architekten eine profane, zweckdienliche Aufmerksamkeitsorgie vorzuwerfen. Gerade dagegen verwehrt sich die Vergangenheit von Peter Cook und Colin Fournier als wilde Utopisten der 70-er Jahre. Man muss den Autoren einfach glauben, dass sie nach einer freundlichen, spielerischen Provokation gesucht haben und nicht nach der zynischen Vermarktung von Kultur. (Weiter bei…)