Zürich, Die Siedlung ist Schuld

Zürich, Die Siedlung ist Schuld

Ohne eine Strategie der Typologien kann es kaum eine durchgängige, verstehbare und erkennbare Stadtform geben. Nicht nur das Denken in einzelnen Baufeldern wird dem Quartierscharakter zum Verhängnis. Vielmehr noch ist es der geringe Stellenwert der Typologie als städtebauliches Werkzeug.

(… vorher) Gestalterisch in sich geschlossene Siedlungen wirken sich meist negativ auf die Stadtform aus. Nur in wenigen Fällen ist die typologische Differenzierung auf dem Massstab von Parzellen sinnvoll. Wenn damit zum Beispiel die Attribute einer Industriebrache auch nach ihrer Umnutzung erhalten werden können, ist dies für die Lesbarkeit der Stadtentwicklung förderlich. In aller Regel unterscheiden sich Siedlungen aber wegen den architektonischen Vorlieben ihrer Schöpfer von ihrer Umgebung. Sie achten kaum auf städtebaulich relevante Faktoren, nach denen sich die Grenzbildung tatsächlich richten sollte. Unterschiede zwischen Bebauungsformen werden beispielsweise durch die topografische Lage oder den Bezug auf ein historisch gewachsenes Zentrum gerechtfertigt.

An vielen Stellen in der Stadt kann beobachtet werden, welche Folgen das Abweichen von sinnvollen städtebaulichen Bezugsgrössen hat. Die Siedlung Triemli dient uns auch hier als Beispiel, da sie in aller Klarheit auf die Erzeugung von Abgeschlossenheit ausgerichtet ist: Die zwei langen Baukörper erscheinen wie eine Mauer, die rund um die grosse Parzelle gezogen wurde. Das macht zur viel befahrenen Birmensdorferstrasse hin Sinn. Zum kleinteiligen Wohnquartier aber entsteht eine unversöhnliche Grenze.

Sicherlich wird sich auch für die benachbarten Nachkriegsbauten bald schon die Frage nach einem Ersatzneubau stellen, und dieser Neubau wird ebenfalls eine weitaus höhere Dichte aufweisen. Es ist also nicht auszuschliessen, dass sich das Nachbarprojekt in Form und Grösse an der Siedlung Triemli angleichen wird. Leider ist es aber unwahrscheinlich, dass auch die gleiche städtebauliche Typologie weitergeführt wird. Die Architekten folgen ihrer ästhetischen Agenda. Ausser den Schöpfern der Siedlung Triemli wird wohl kaum jemand eine ähnliche Bebauungsform vorschlagen. Zudem legen die Eigenheiten des Grundstückes womöglich eine andere Bebauungsform nahe. Wenn die Grundstücke nur für sich betrachtet werden ist, dies sogar sehr wahrscheinlich.

Der typologische und formale Bruch ist also vorprogrammiert. Selbst die Weiterführung der Typologie vermindert den Bruch zur Nachbarschaft nicht, sondern verschiebt ihn lediglich hin zu den Einfamilienhäusern. Diese werden, wegen der Parzellenstruktur, wohl noch auf Jahrzehnte hinaus unveränderte Grössenverhältnisse aufweisen.

Wie aber könnte eine solche Spaltung der Stadtform vermieden werden? Soll ein verträglicher Übergang zur Einfamilienhausbebauung gefunden werden, so kann der starken Form der Siedlung Triemli nur mit einem in sich abgestuften Projekt begegnet werden. Von einem klaren Riegel aus, müssten sich die Volumen immer weiter zergliedern und in der Geschossigkeit abnehmen. Dabei würde sich die Typologie im Grundstück selbst wandeln.

Ein solches Vorgehen kann auf die Parzelle bezogen nicht verstanden werden. Es wird einer Jury als unrein erscheinen und in der Beurteilung gegenüber reinen Konzepten schlechte Noten erhalten. Als Reparaturaktion der Stadtform aber erscheint eine solche Versöhnungsgeste als die logische Folge auf das harte unversöhnliche Architekturstatement am Triemli-Kreisel. (Weiter bei…)