Zürich, la ville radieuse
Von Ballmoos + Krucker haben mit ihrer Siedlung am Triemli in vielerlei Hinsicht ein extremes Projekt geschaffen. Wie auch immer man zum Brutalismus stehen mag, die radikale Bebauung zeigt eine konsequente Gestaltung. Doch liesse sich das ganze südwestliche Albisrieden auf der Basis dieser Gestaltung entwickeln?
(… vorher) Die Siedlung am Triemli grenzt sich klar vom umliegenden Bestand ab. Sie versucht nicht den Massstabsprung, der ihr die Verdichtung auferlegt, zu vertuschen – auch wenn in den Beschreibungen zum Projekt etwas anderes behauptet wird. Die abgeknickten Langbauten heben sich zudem formal von der Nachbarschaft ab. Der gefasste Innenhof unterscheidet sich wesentlich vom fliessenden, eigenschaftslosen Aussenraum der Nachkriegszeit. Das Terrain ist von präzisen Kanten durchzogen. Diese verleihen dem Garten einen sehr artifiziellen Ausdruck. Die Gebäude selbst wirken durch ihre dunklen Betonteile und die eingezogenen Loggias schroff und abweisend. Das gleichmässige Fassadenraster unterdrückt jegliche Individualität und lässt die vielen Wohnungen zu einer Grossform zusammenwachsen.
Die Siedlung hebt sich demnach auf allen Ebenen von den umgebenden Bauformen ab und verfolgt einen eigenständigen gestalterischen Kurs. Welche Qualitäten würde jedoch ein Quartier aufweisen, das dieser Gestaltung folgen würde?
Zunächst einmal lässt sich ein starker Wiedererkennungseffekt prognostizieren. Die harten, dunklen Fassaden breiteten sich entlang der gesamten Triemlistrasse, dem Altweg und In der Ey aus. Zum eigenen Haus wird die Beziehung eher schwach ausfallen müssen. Die einzelne Wohnung verschwindet im Meer der gleichmässig gerasterten Fassaden und die Fassaden verschwimmen in ihrer endlosen erscheinenden Wiederholung. Das ganze Quartier verschmilzt zu einer untrennbaren Einheit.
Durch die dunkle, schwere Gebäudeoberfläche besteht das Risiko, dass sich eine düstere Stimmung breit machen könnte. Wer es deftig mag, dem gefiele die Umgebung. Wer aber nach einer lieblichen Wohnidylle sucht, würde hier nicht fündig.
Mit ihrer eigenständigen Gartengestaltung und der formalen und materiellen Ausbildung der Architektur entstünde eine starke Grenzwirkung zur Umgebung. Der Bruch zum Dorfkern Albisrieden wäre markant, ganz zu schweigen von der Differenz zu den Einfamilienhäusern Im Heimgärtli.
Wenn die immer gleichen Häuser in die Umgebung kopiert werden, besteht die Gefahr der Eintönigkeit und das Potenzial zu Konflikten mit den umliegenden Bebauungsformen. Um dies zu verhindern, müsste der Gebäudetypus modifiziert werden.
Das wiederspricht jedoch dem ursprünglichen Entwurf, der zwei typologisch identische Schwestergebäude vorgesehen hat. Es gibt im Wettbewerbsbeitrag keine Abweichungen, kein Anzeichen einer Entwicklung durch gestalterische Veränderung. Die Reaktion auf die Umgebung wird in der bestehenden Siedlung am Triemli mit den gleichen begrenzten Mitteln vollzogen.
Damit sich die Siedlungstypologie nicht in der Monotonie totläuft, ist ein Mindestmass an Variation notwendig. Damit der Entwurf der Architekten von Ballmoos + Krucker für den Städtebau fruchtbar wird muss er modifiziert werden, nicht so sehr in seiner architektonischen Gestalt, sondern in seiner typologischen Natur. (Weiter bei …)