Zürich, Wettbewerbe im Vergleich
Die städtebauliche Lage der Wettbewerbsprojekte Hagenbuchrain, Triemli und Eyhof könnten nicht unterschiedlicher sein. Daraus erklären sich auch die unterschiedlichen Lösungen. Wie aber kann das Stadtgebiet zu einer Einheit werden, wenn sich die Typologien in nichts ähneln?
(… vorher) Der Hagenbuchrain von Bünzli Courvoisier wird im Werk Bau Wohnen (1) als passgenaue Verdichtung beschrieben. Tatsächlich ordnet es sich mit seinen ausgreifenden Armen in die Umgebung ein. Die Aufgliederung der Baumasse nach allen Seiten, schafft kurze Stirnfassaden, welche die Anbindung an die unterschiedlichen Nachbarschaften ermöglicht. Die Unterordnung an den Dimensionen des mittelalterlichen Dorfkerns von Albisrieden ist ablesbar. Die Anbindung an die nähere Umgebung mit ihren kleinen Mehrfamilienhäusern erscheint gelungen. Obschon die Bauten im Grundriss ganz untypisch Formen aufweisen, ist ihre Wirkung beim Durchschreiten der Siedlung dem näheren Umfeld angepasst und stimmig. Das Projekt legitimiert sich demnach aus der kleinteiligen, lockeren Nachbarschaftlichen Bebauung.
Der Eyhof von Adrian Streich nimmt laut dem Jurybericht das Thema der Gartenstadt auf. Als gut bewertet wird hierbei die „raumgreifende Gestalt der Zeilen, welche zusammen mit der nachbarlichen Bebauung grosszügige Freiräume aufspannt.“ (2) Hervorgehoben wird ebenfalls die kleinteilige Gliederung von Volumen und Fassaden. So gelinge es dem Projekt in Massstäblichkeit und Körnung dem Quartier verpflichtet zu bleiben. Die Jury konzentriert sich bei ihren Beurteilungen auf die nähere Umgebung und den Bestand des Quartiers. Dass sich dieser ebenfalls im Umbruch befindet wird nicht in die Erwägungen mit einbezogen.
Von Ballmoos + Kruckers Siedlung Triemli wird in der Projektbeschreibung (3) als Zwischenstück gesehen. Auf der einen Seite steht der Lärm der Triemli- und Birmensdorferstrasse, auf der anderen Seite breitet sich eine kleinmassstäbliche Bebauung aus. Die Grossform, so der Bericht, ordne sich in die Tradition der grossmassstäblichen Bebauungen im Quartier ein. Auf welche Bauten hier Bezug genommen wird, kann auf Grund des Luftbildes aber nicht eruiert werden. Die Spitalbauten sind zwar gross, aber weisen eine völlig andere Typologie auf, und die Siedlung im Strähler liegt viel zu weit weg (7 Min. Gehdistanz) und darauf glaubhaft Bezug nehmen zu können. Mit seinen beiden Riegeln sorgt das Projekt vordringlich für eine klare Grenze zu den grossen Strassen. Zudem wird durch Höhenabstufungen und Knicke im Grundriss eine Eingliederung gegenüber der kleinmassstäblicheren Bebauung gesucht. Letzteres muss in Anbetracht des grossen Massstabsprunges jedoch scheitern.
Wie sich zeigt ist die städtebauliche Einfügung aller Projekte anhand ihrer näheren Umgebung beurteilt worden. Die Siedlung Triemli reagiert auf ihre Strassenlage, die Siedlung Eyhof versucht die durchgrünte Stadt mit höherer dichte fortzuschreiben und die Siedlung Hagenbuchrain lehnt sich an der Kleinmassstäblichkeit des Dorfes an.
Mit diesen starken Bezügen zum Ist-Zustand laufen die Projekte Gefahr, immer nur das weiter zu bauen, was bereits vorhanden ist. Jedes der Projekte birgt zwar im Ansatz eine Vision für die städtebauliche Entwicklung seines Umfeldes. Für die Ausweitung auf das ganze Quartier besteht im Allgemeinen aber noch zu wenig Weitsicht. So lassen sich mit geknickten Riegeln nicht zu jeder beliebigen kleinteiligen Bebauung ein Übergang schaffen und mit ausgreifenden Gebäudetrakten können keine verkehrsbelasteten Orte bebaut werden. Eine Typologie reicht für alle Problemstellungen kaum aus. Unterschiedliche Typologien hingegen müssen koordiniert werden, wenn sie sinnvoll zusammenwirken sollen. Ein solcher übergeordneter Blick fehlt jedoch. Selbst die Jurys nehmen in ihren Beurteilungen keinen Bezug auf kürzlich abgehaltene Wettbewerbe. Sie orientieren sich nicht an der Zukunft der Stadt, sondern an der sich in Auflösung befindlichen Gegenwart. (Weiter bei …)
(1) Werk, Bau und Wohnen, 1-2, 2006, S. 62
(2) Jurybericht, Ersatzneubau Siedlung Eyhof, 2012, S.36
(3) Projektbeschreibung der Baugenossenschaft Sonnengarten, zur GV vom 24.05.2007